Haushaltsrede 2015/16

Richard Rohs
SPD Fraktionsvorsitzender
Gemeinderat Ruppichteroth

SPD-Ruppichteroth, 18.05.2015

Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren der Presse und der Verwaltung, liebe Ratskolleginnen und -kollegen,

bevor wir wieder feststellen, dass die finanzielle Lage der Gemeinde Ruppichteroth desaströs ist, möchte ich Ruppichteroth einmal verlassen.

Deshalb habe ich eine Recherche zu den wesentlichen Eckpunkten zur finanziellen Lage der Kommunen überhaupt unternommen.

Die Prognose der kommunalen Spitzenverbände rechnet für 2014 mit einem Überschuss kommunaler Einnahmen. Dies gilt ebenfalls für 2015 – 2017. Die Einnahmen steigen!

Worin besteht angesichts dieser positiven Abschlüsse eigentlich das kommunale Finanzproblem?

Besonders gravierend, ist die immer weiter auseinandergehende Schere zwischen finanzstarken und finanzschwachen Kommunen.

So lag das Investitionsvolumen einiger Kommunen 2013 mit 471 Euro je Einwohner um nahezu 200 Euro über dem Durchschnitt der Kommunen insgesamt. In einigen Kommunen lag diese Zahl nur bei 154 Euro je Einwohner.

Auch andere Indikatoren wie Sozialausgaben pro Kopf oder die kurz- und langfristige Verschuldung belegen die ungebremste Spreizung der Lebensbedingungen zwischen den Kommunen. Diese Entwicklung beschreibt im Kern nicht nur das zentrale Problem ungleicher Lebensbedingungen, sondern stellt eine Bedrohung kommunaler Selbstverwaltung dar.

Des weiteren, investierten 2014 die Kommunen rund 21,6 Mrd. Euro, 2015 und in den Folgejahren dürften es rund 22 Mrd. Euro sein. Gleichzeitig ermittelte die KfW aktuell einen Investitionsrückstand von rund 118 Mrd. Euro (bei kommunalen Investitionen 2013 von rund 20 Mrd. Euro). Zur Verdeutlichung: Städte, Gemeinden und Kreise müssten zumindest einmal das Sechsfache ihrer Jahresinvestitionen aufwenden, um diesen Rückstand aufzuholen. Oder anders ausgedrückt: derzeit liegen die kommunalen Investitionen um sechs Jahre zurück.

Auch hier verweisen die Investitionsausgaben auf erhebliche Unterschiede: so haben in den vergangenen zehn Jahren einige Städte, Gemeinden und Landkreise ihre Sachinvestitionen pro Einwohner um 48% erhöht. Dagegen sanken sie im gleichen Zeitraum in anderen Kommunen um 20%.

Besonders schlimm, sind die Kassenkredite und fundierte Schulden. Die aufgelaufenen Kassenkredite, die eigentlich zur kurzfristigen Finanzierungsüberbrückung vorgesehen sind, erreichen mit beinahe 50 Mrd. Euro Rekordniveau. Ihr Bestand ist damit mehr als doppelt so hoch wie die jährlichen Investitionsmittel.

Die Sozialausgaben wachsen 2014 um 3,8 Prozent von 47 auf 48,7 Mrd. Euro und werden 2015 die 50 Mrd. Grenze übersteigen. Bis 2017 wird ein Anstieg auf mehr als 54 Mrd. Euro erwartet. Diese stetige Entwicklung kommunaler Haushalte von Investitions- zu Sozialhaushalten ist besorgniserregend.

Im Kern handelt es sich dabei um: Kosten der Unterkunft , Hilfe zum Lebensunterhalt , Grundsicherung im Alter , Kinder- und Jugendhilfe , Eingliederungshilfe , Hilfe zur Pflege .

Fazit: Die Disparitäten werden größer, die Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen ist massiv gefährdet, die kommunalen Handlungsspielräume für die Gestaltung örtlicher Lebensverhältnisse tendieren in den finanzschwachen Gemeinden, Städten und Kreisen gegen Null. Die kommunale Demokratie und der Kernbestand kommunaler Selbstverwaltung sind bedroht.

Und nun komme ich zu Ruppichteroth. Was können wir tun? Was müsste geschehen?

Warum sind die Zahlen in Ruppichteroth soviel anders.

Können wir nicht mit Geld umgehen? Geben wir zu viel für unnütze Dinge aus? Fordern wir zu wenig von den Steuerzahlern?
Liegt es zum Beispiel daran, betrachtet man die Ausgaben der Kernhaushalte von Bund, Ländern und Gemeinden, das die Kommunen fast ein Viertel der Ausgaben (23,6%), während sie nur mit etwa 14% an den Steuereinnahmen beteiligt sind?

Brauchen wir eine höhere Entlastung bei den Sozialausgaben, oder Kinderbetreuung?

Was ist mit den Kosten der Zuwanderung aus EU-Staaten, die wachsenden Asylbewerberzahlen bzw. Flüchtlinge? Lässt uns das Land bei der Finanzierung der Schulen (Stichwort: Inklusion) im Stich?

Hätten wir das Schwimmbad besser geschlossen? Sollten wir unsere Kinder besser in eine benachbarte Schule schicken um Kosten zu sparen ?

Wer ist schuld an diesem finanziellen Dilemma? Wir oder die anderen?

Der Bürgermeister hat in seiner Haushaltsrede die Überschrift gewählt: „Bund und Land müssen helfen – sie helfen bisher aber nicht- Wieder einmal als Kommune auf sich alleine gestellt!“

Bedeutet das Wort „bisher“, dass es Hoffnung gibt. Hoffnung, dass die Pressemitteilung „NRW kann auf eine Entlastung von bis zu einer Milliarde Euro bei der Neuordnung des Länderfinanzausgleichs hoffen“ stimmt. Was kommt davon in Ruppichteroth an?

Ich denke bei aller Kritik an andere, die mit Sicherheit zum Teil gerechtfertigt ist, müssen wir dennoch feststellen:

Wir in Ruppichteroth haben das Problem und wir müssen es lösen.

Aber nicht wie Siegburg, indem wir die Grundsteuern drastisch erhöhen. Es muss noch eine andere Lösung geben.

Und damit kommen wir unweigerlich zu den Ausgaben.

Der Kämmerer Heribert Schwamborn hat in seiner Haushaltsrede gesagt: „Kleine Schritte zur Haushaltskonsolidierung finden u.a. statt durch interkommunale Zusammenarbeit mit anderen Kommunen: Klimaschutz, Datenschutz und IT-Sicherheit, Beschaffung von Strom und Gas, Schulen, Gemeindekasse Much-Ruppichteroth.

Weitere Schritte müssen folgen“.

Ich denke dies ist der richtige Weg. Wir müssen bei allen gemeindlichen Einrichtungen Einsparungen durch interkommunale Zusammenarbeit erreichen.

Zum Beispiel das Schwimmbad: Die Personalkosten, die Beheizungskosten oder Stromkosten könnten durch Absprachen mit anderen Gemeinden reduziert werden. Wir haben bei der Prüfung des Haushalts festgestellt, dass die Personalkosten im Schwimmbad Ruppichteroth erheblich über den Personalkosten zum Beispiel von Much liegen. Wir erwarten von der Verwaltung, dass hier eine Überprüfung stattfindet.

Das gleiche gilt für den Bauhof. Müssen wir wirklich einen eigenen Bagger haben? Können wir nicht mit anderen umliegenden Gemeinden Hand in Hand arbeiten?

Das nächste Beispiel wäre die Flüchtlingspolitik:

Hier schreibt der Bürgermeister in seiner Haushaltsrede: Wir versorgen mit Stand vom 1.4.2015 insgesamt 88 Flüchtlinge, wovon 59 im Asylverfahren stehen und somit in die Landeserstattung fallen. Für 29 Personen erhalten wir gar keine Zuschüsse, wo bei die Landespauschalen trotz Erhöhung nicht auskömmlich sind. Ob nun der Bund – wie von Herrn Gabriel medial hervorragend platziert – wirklich finanziell hilft, steht aktuell nicht fest. Die Zeit der Lippenbekenntnisse ist vorbei – wir brauchen keine Worte – wir brauchen Euros. Soweit der Bürgermeister.

Auch hier stellen wir fest, es geht immer nur um Einnahmen (wir brauchen mehr Euros), immer sind die anderen Schuld.

Vielleicht stimmt das auch.

Aber, ich kann auch hier wieder nur sagen: „Wir in Ruppichteroth haben das Problem und wir müssen es lösen“.

An dieser Stelle möchte ich die Flüchtlingshilfe loben: Ich möchte jetzt hierauf nicht vertiefend eingehen, dass würde den Rahmen sprengen. Ich bin aber überzeugt davon, wenn alle Vorhaben wie zur Zeit begonnen, weiter verfolgt werden, wird dies die Gemeinde zumindest finanziell entlasten. Wir müssen die Flüchtlingshilfe ernst nehmen und unterstützen. Ich könnte hier positive aber auch negative Beispiele nennen. Ich habe die eindringliche Bitte an die Verwaltung mit den Ehrenamtlichen Helfern noch enger zusammenzuarbeiten.

Dann möchte ich noch die Energieversorgung (Versorgungseinrichtungen / Energiepolitik) und Klimaschutz ansprechen.

Inzwischen wurden die „Gemeindewerke Ruppichteroth GmbH“ gegründet. Wir sind überzeugt davon, dass hier einiges an positivem Potential für die Gemeinde Ruppichteroth zu generieren ist.

Zum Beispiel durch aktive Energiepolitik

Natürlich sind die Belange des Naturschutzes zu berücksichtigen, dies gilt für jede Kommune. Es gibt aber Kommunen die sind auf diesem Gebiet schon wesentlich weiter als Ruppichteroth.

Für den Klimaschutz wurde eigens für dieses Thema ein Lenkungsausschuss gegründet. Der Ausschuss hat bisher 14 mal getagt, aber so richtig weiter gekommen sind wir nicht.

Ich könnte weitere Beispiele nennen.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal unseren Kämmerer Heribert Schwamborn zitieren.

In seiner Haushaltsrede sagte er:

Alleine durch Ausgabeneinsparungen ist das Ziel eines strukturellen Haushaltsausgleichs bzw. der Abbau der Altdefizite nicht erreichbar“. Dies sehen wir von der SPD genauso.

Aber der nächste Satz von Ihm, das ist was wir meinen: „Als eigenständige Gemeinde müssen wir aber weiter bemüht sein, durch intelligente Konzepte, Umstrukturierung von Abläufen neue Wege in die Zukunft zu bestreiten“.

Deshalb hilft es meiner Meinung nichts, wenn jede Partei, die Verwaltung der Bürgermeister usw. Vorschläge macht, die dann abgelehnt, halbherzig verfolgt oder in den Schubladen verschwinden.

Bei der letzten Haushaltsrede hat Horst Alenfelder gesagt: Lasst uns Zeichen setzen, Entscheidungen nicht in die Zukunft vertagen sondern jetzt handeln und lassen Sie uns offen und unvoreingenommen in der Spar- und Haushaltskommission Maßnahmen beraten die es vielleicht in der Zukunft überflüssig machen Steuern weiter zu erhöhen.

Nach Überprüfung habe ich festgestellt, dass die Idee fraktionsübergreifend eine Sparkommission zu gründen tatsächlich umgesetzt wurde. Horst Alenfelder schreibt, somit ist der Startschuss gegeben die finanzielle Lage der Gemeinde zu retten.

Jedoch hat diese Kommission in den letzten 2 Jahren 1 mal getagt. Da ist natürlich viel zu wenig.

Ich möchte mich zum Schluss meiner Rede bei der Verwaltung, dem Bürgermeister und dem Kämmerer für Ihre Arbeit bedanken.

Wir werden dem Haushalt inkl. des Stellenplanes zustimmen.

Wir werden jedoch intensiv nach Einsparmöglichkeiten suchen und diese mit Nachdruck fordern.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit

Richard Rohs

Fraktionsvorsitzender